Brühler Kunstverein
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Marita G. Weiden - Malerei

Ausstellung vom 19. Januar bis zum 15. Februar 2003

 

Die im Rheinland geborene Künstlerin Marita G. Weiden studierte an der Kunstakademie Düsseldorf Malerei bei Gerhard Richter, Gotthard Graubner und Gerhard Merz. Durch diese Lehrer hat sie eine intensive Beziehung zur Farbe und Farbfläche entwickelt.

Sie ist mit ihren Werken in der Vergangenheit auf zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten gewesen, und nicht wenige ihrer Arbeiten befinden sich in öffentlichen und privaten Sammlungen.
Im Jahr 2000 erhielt sie den "20. Kunstpreis 2000" der Kreissparkasse Esslingen. Marita G. Weiden lebt und arbeitet in Wuppertal.

© Marita G. Weiden - light fields VII

  Marita G. Weiden "light fields VII"
  Öl, Pigment, Wachs auf Leinen
  100x100cm, 2002, © Weiden


 

Im Brühler Kunstverein werden Gemälde auf Leinwand und Aluminium gezeigt. Die Wirkungen feinster Farblasuren, die die Leuchtkraft der Farben zur Geltung bringen und quasi das Licht in den Farben einfangen, stehen im Mittelpunkt ihrer Arbeiten.
In lasierender Weise, Schicht für Schicht, trägt die Künstlerin die Ölfarbe auf den Untergrund auf. Durch diese Arbeitsweise scheinen vorherige Malschichten immer wieder durch. Ihre Farbigkeit und Strukturen wirken sich bis auf die obere Farbschicht aus, und diese vielfältigen Übereinanderlagerungen bestimmen insgesamt die Leuchtkraft, Farbintensität und strukturelle Qualität der Gemälde.
Zusätzlich verleiht die Verwendung von Enkaustik - oft auf der oberen Malschicht - den Bildern einen ganz eigenen materiellen und farblichen Reiz. Oftmals setzen sparsam eingefügte farbige Streifen Akzente auf den Farbflächen.

Vertieft sich das Auge des Betrachters in diese Malschichten, so nimmt er die verschiedenen Farben und Nuancen wahr, die in einer bewegten Struktur zusammengefügt sind. Die Malfläche "entpuppt" sich als ein sensibel bewegtes Gefüge, das räumliche Tiefe suggeriert. Der Blick wird entfesselt, auf der Bildfläche auf Wanderschaft geschickt und in eine pulsierende, flirrende Farbmaterie eingesogen.


 

Leere als Substanz

 

Marita Weiden hat an der Düsseldorfer Kunstakademie gelernt, zunächst bei Gerhard Richter, später dann bei Gerhard Merz und Gotthard Graubner. Über ihre Lehrer sagt Weiden, dass der eine, Merz, ihr das theoretische Fundament geliefert hat, während der andere, Graubner, sicher den stärkeren Einfluss auf ihre malerische Praxis hatte. Ich werde später noch mal darauf zurückkommen. Marita Weiden hat bereits eine umfangreiche Ausstellungsliste, darunter diverse Kunstvereine und Museen in Deutschland. Zuletzt wurde sie in der Galerie Benassar in Madrid gezeigt und zur Zeit auch in der Galerie Obrist in Essen.

Marita G. Weiden, ©Wagner
Marita G. Weiden vor dem Werk "raum halten", 2002, Bild: Wagner
 

Unwillkürlich denkt man an das "Less is more" der Minimalisten, wenn man die einheitlichen Farbräume von Marita Weiden betrachtet. Reduktion ist alles, nie aber auf Kosten der freien Entfaltung des Farbraumes. "Wer hat Angst vor Rot, Gelb, Blau?" - Diese Frage, die sich Barnett Newman am Beginn einer bis heute andauernden Entwicklung des Minimal Painting stellte, ist bei Marita G. Weiden überflüssig. Ihr geht es um die Entfaltung der Farbe, den unerschöpflichen Reichtum ihrer Möglichkeiten.

Das Werk teilt sich in mehrere Gruppen
Dabei unterscheiden wir im Schaffen von Marita Weiden mehrere Werkgruppen, die sich ineinander verschränken: Am Anfang stehen die "Formationen im Nebel", wie ich sie nennen möchte. Bilder dieser Gruppe entstehen intensiv seit 1990. Den Bildern dieser Serie wohnt ein Kosmos von Licht und Dunkelheit inne, von Verläufen und Verfestigungen. Häufig möchte man hier noch Formen erkennen, die der Natur entnommen sind. Dieser "naturalistische Rest" wird von Marita Weiden eingesetzt, um den Betrachter an der Schwelle zwischen Abbildhaftigkeit und reiner Malerei seinem eigenen Erfahrungshorizont zu überlassen. Hier findet sich auch noch die malerische Geste. Der Pinselstrich wird zur abgebildeten Form. An dieser Stelle fragt sich Marita Weiden: Wo genau ist der Punkt, an dem der Pinselstrich zum Abbild wird?

Hierbei wird es wichtig, das Verfahren zu beobachten, mit dem Marita Weiden ihre Bilder fertigt. Ausgangspunkt ist immer die Farbe mit ihrer Fähigkeit sich zu verdichten und zu verflüchtigen. Weiden setzt eine Vielzahl dünner, häufig transparenter und miteinander korrespondierender Farbschichten übereinander, deren Materialhaftigkeit dabei erhalten bleibt. Ursprüngliche Formen, und als solche wären die Horizontlinien in unserem Bild zu bezeichnen, werden dabei mehr und mehr zugedeckt, "verschleiert". Die Form verflüchtigt sich und opfert sich dem Eigenleben der Farbe. Die Artikulation des Lichtes tritt damit in den Vordergrund. Gleichzeitig reduziert sich durch die Verschmelzung kalter und warmer Werte auch das Kolorit und gibt nur noch eine Ahnung von den tiefer liegenden Farbschichten. Um so mehr tritt die suggestive Wucht der Farbe hervor, denn unter der Haut der Leinwand, wie es Gotthard Graubner bezeichnet hat, "pulst farbiger Lichtraum".

Dieser Gedanke wird auf dem Bild der Einladungskarte visualisiert durch die Verschränkung mehrerer rechteckiger Farbfelder. Jeder Fläche ist ein anderer Rot-Ton zugeordnet, verschiedene Tönungen ergeben sich aus dem Wechselspiel von Transparenz und Überlagerung, Überlappung und Überschneidung. Die räumliche Tiefe des jeweiligen Feldes ist an diesem pulsierenden Wechselspiel ablesbar. Auf dem planen Bildträger wird damit eine Räumlichkeit suggeriert, die aber nichts mehr mit illusionistischer Perspektivkonstruktion zu tun hat. Vielmehr wird die Farbfläche selbst zum Träger der Räumlichkeit und damit zum Farbraum.

Daher ist auch das Quadrat bei Marita Weiden das vorherrschende Bildformat, denn es ist als eine in den Proportionen weitgehend neutrale geometrische Form vorzüglich dazu geeignet, die äußeren Raumverhältnisse sinnfällig zu machen. In der Gleichheit von Höhe und Breite kommt bei der quadratischen Form eine Harmonisierung zum Ausdruck, die der unendlichen Entwicklung des Farbraumes am wenigsten zuwiderläuft.

Streifen durchbrechen die Fläche
In den letzten zwei Jahren ist eine Werkgruppe entstanden, in der die Malerei als selbstgenügsam ohne Verweis auf Tradition, Geschichte, Natur definiert wird. Monochrome Farbflächen werden durch mehr oder weniger breite Streifen durchbrochen, die eine dunklere Qualität als die Hauptfarbe haben. Als Beispiel sei hier "Colour Field III" genannt, das weitgehend in einem leuchtenden Rot erstrahlt. Ein schmaler schwarzer Streifen teilt die Tafel senkrecht im Verhältnis vier Fünftel zu einem Fünftel. Dieser Streifen, der oben und unten über den Bildrand hinweg weitergedacht werden kann, erinnert an die sogenannten "Zips" von Barnett Newman, deren Funktion im Bild es ebenfalls war, Öffnungen im uferlosen Farbraum aufzuzeigen und dem Betrachter angesichts einer vollständig fehlenden Perspektivkonstruktion eigene Verortung zu ermöglichen. Das Bild verweist hier auf nichts, was außerhalb seiner selbst liegt. Es wird zu einem autonomen Kunstobjekt unabhängig der Natur. Dieser objekthafte Charakter wird unterstrichen durch die Verwendung von Aluminiumplatten als Bildträger. Hierdurch löst sich das Bild auch plastisch von der Wand und die Farbe erhält auf dem glatten Untergrund eine sehr starke Präsenz.

Häufig arbeitet Marita Weiden in Serien: Ganz empirisch geht sie vor, um von einem Bild zum nächsten durch minimale Veränderungen neue Aufschlüsse über die vielfältigen Farbphänomene zu erhalten. Darin ist eine Tendenz zur objektiven Erforschung der Farbentfaltung zu sehen. So klingen auch die Titel fast wie wissenschaftliche Beschreibungen. Während die Serien "Entwicklung in der Zeit" bedeuten, sind die mehrteiligen Arbeiten als "Entwicklung im Raum" zu verstehen. "Raum halten" ist ein monumentales Triptychon aus dem letzten Jahr, in dem versucht wird, das fortwährend fließende Kontinuum des Farbraumes in einem Punkt zu konzentrieren. Das Bild ist von links nach rechts ebenso wie von rechts nach links zu lesen, kumuliert aber stets in dem in der Bildmitte liegenden Quadrat. Von diesem Punkt aus dehnt sich der Farbraum, in ihm zieht er sich zusammen. Das Bild spricht damit auch von der Unmöglichkeit, die Bewegung der Farbe, einmal in Gang gesetzt, anzuhalten. Was ZERO einmal gefordert hat, dass nämlich Bilder "Kraft- und Schwingungsfelder" sind, hat sich hier verwirklicht.
Mit den großformatigen Farbfeldmalereien verschwindet mehr und mehr auch die künstlerische Handschrift. Finden sich auf den Bildern der zuerst besprochenen Werkgruppe noch pastose Pinselstriche, werden diese nun ganz wolkig. Damit sind hier kaum noch Bezüge auf eine persönliche Ausdrucksform der Künstlerin zu sehen. Sie tritt damit hinter der freien Entfaltung der Farbe zurück.

Die künstlerische Handschrift verschwindet
In einer ganz neuen Werkgruppe, den "Flash Lights", wird dies sehr deutlich. Es handelt sich um verhältnismäßig kleine, mono- bis bichrome Tafeln, auf deren gesamten Bildgrund sich unregelmäßige Schlieren verteilen. Diese Schlieren ergeben sich aus der unkontrollierten Reaktion des Wachses und der Farben miteinander. Der mehr oder weniger zufälligen Entwicklung dieser Reaktion wurde freien Lauf gelassen, so dass die künstlerische Handschrift nun fast vollständig getilgt ist. In der Entwicklung von Marita Weiden erscheint dieser Schritt nur konsequent.

Die Farbe ist der Stoff und die Leere ist die Substanz: Sie wird von Marita Weiden gemessen, geteilt, geformt, gefärbt. Die Leere wird zu einem wertvollen Gut, das die Wahrnehmungssensibilität des Betrachters steigert und ihm ein weites Assoziationsfeld eröffnet. Gotthard Graubner hat einmal für seine Kunst formuliert, was vorzüglich auch für das Schaffen von Marita G. Weiden gilt: "Meine Bilder sind Spiegel des Lichts, Quellen und Filter, Trampoline des Lichts. Das Licht wird von der gespannten Haut der Bilder zurückgeworfen, es dringt unter die Haut, weckt die Farben, sättigt sich an ihnen, füllt die Hohlräume und lässt den Puls der Farben durch die Haut nach außen dringen." Der Farbraum und seine psychische Wirkung werden unmittelbar spürbar, erlebbar. Kommen die Bilder mit ihrer Rechtwinkeligkeit und Klarheit ganz rational daher, wird der Farbraum doch zunächst mal sinnlich emotional erfahren. Man muss sich einlassen auf die Energie der Farbe und auf Entdeckungsreise nach den feinen Spuren des malerischen Prozesses begeben - Bildbetrachtung wird Meditation.
© Torsten Obrist M.A.

  Biografie

 1955 Geboren in Hückeswagen/Rhld.
 1973-1974 Studium der Malerei bei G.Richter / Kunstakademie Düsseldorf
 1989-1992 Studium der Malerei bei G.Graupner und G.Merz / Kunstakademie Düsseldorf
 
Einzelausstellungen

 1992 Deutsches Werkzeugmuseum, Remscheid
Kurhaus Norderney
 1993 Hagenring, Hagen
 1994 Museum Schloss Hückeswagen
 1997 Kunstverein Schwelm e.V., Haus Matfeld
Städtische Galerie Kaarst
 1998 Altes Museum, Winsen/Luhe
 1999 Galerie 40 - Rother, Wiesbaden
 2001 Galerie Liebau, Burghaun
Kunstverein Unna
Galerie der Stadt Schwerin
 2002 Galerie de Arte, Dionis Bennassar, Madrid
 
Gruppenausstellungen (Auswahl)

 1992 Haubrichforum, Köln
 1993 Wuppertaler Stadtwerke
 1994 Kunsthaus Wiesbaden
 1997 Kunsthalle Wuppertal
 1998 Galerie Leuchter & Peltzer, Düsseldorf
 1999 Von der Heydt-Museum, Wuppertal
 2000 Kunst aus NRW, Reichsabtei, Kornelimünster/Aachen
 2001 Museum Baden, Solingen
 Bilder befinden sich in verschiedenen Sammlungen im In- und Ausland, darunter Kultusministerium NRW (Düsseldorf), Kreissparkasse Ludwigshafen, Regionalmuseum Xanten, Museum Schloss Burg (Solingen), Wuppertaler Stadtwerke AG sowie Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (Wuppertal).

Auszeichnungen:
Preisträgerin "20. Kunstpreis 2000 der Kreissparkasse Esslingen