Brühler Kunstverein
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Dan L. Hepperle - Neue Arbeiten

Ausstellung vom 5. September bis 2. Oktober 1999

Lautlos gleitet ein Boot auf dem See. Die Farbe des Wassers verschmilzt mit dem Grau des Himmels. Das diesige Wetter schluckt alle Geräusche, hüllt ein in die Lautlosigkeit der Natur. In dieser Stille und Einheitlichkeit der Stimmung wird Unendlichkeit meditativ erfahrbar. Man verliert sich im "Nichts", bis - ja bis man aus diesem Zustand der Ruhe herausgerissen und wieder in die Realität zurückgeholt wird.

Hepperle
o.T., Ölkreide auf Papier, 1998
© A.Lechtenberg

Diese und andere Naturerlebnisse während Spaziergängen, Wanderungen und Reisen sind wichtige Erfahrungen für den Künstler Dan Hepperle. Insbesondere die Lichtverhältnisse, die auf ihn einwirken, aber auch die Atmosphäre einer Landschaft, die er wahrnimmt, spielen eine wichtige Rolle. In seinem Atelier versucht er sich an diese Erfahrungen und Empfindungen zu erinnern, und sie werden zum Katalysator, zum auslösenden Moment, für seine Malerei. Der Dialog zwischen der Natur und seiner eigenen inneren Gestimmtheit veranlasst Hepperle, mit einem Bild zu beginnen. Doch nach und nach wird dann die bildimmanente Gestaltung wichtig, der Prozess der Bildgestaltung emanzipiert sich von den Naturerlebnissen.

Wer nun erwartet, im Brühler Kunstverein würde realistische Landschaftsmalerei ausgestellt, der wird in seiner Erwartung enttäuscht. Statt dessen wird der Blick auf fein abgestimmte Nuancen von Farbtönen und subtile Schichtungen von Farbmaterie gelenkt.

Hatte Dan Hepperle seine künstlerische Tätigkeit zunächst mit realistischer Landschaftsmalerei begonnen, so wurde die Landschaftsdarstellung im Laufe der Zeit immer reduzierter und abstrakter. Heute erinnert oftmals nur noch eine waagerechte Linie im Bild an den Horizont in der Landschaft.
Hepperles Interesse für die Natur bestimmte schon die Auswahl seiner Studienfächer: Neben Kunst studierte er Biologie und Geographie, mit ihren Bereichen der Geomorphologie, des Vulkanismus und der Bodenkunde.

So wie in der Natur die einzelnen Phänomene einer ständigen Veränderung unterworfen sind, so entstehen auch die Werke von Dan Hepperle durch einen Prozess des permanenten Bearbeitens. Dabei experimentiert der Künstler mit Überlagerungen und Schichtungen von Farbflächen: Subtil werden die verschiedenen Farbmittel (Öl, Acryl, Pastell, Gouache, Aquarell, Tusche, Graphitstifte, Eisenpigmente) immer wieder über- und nebeneinandergemalt, -gezeichnet oder sogar -gespachtelt, bis eine filigran modulierte Oberflächenstruktur entstanden ist. Vielfach wird in die Schichtungen geritzt, oder sie werden auch schon mal mit der Drahtbürste bearbeitet. Dadurch entstehen kräftige oder zart verspielte Linienpartien, die die Oberfläche zusätzlich gestalten. Auf diese Weise entwickelt der Künstler Strukturen, die an Gesteinsschichtungen oder Sedimentationsprozesse erinnern können.

Die so entstandenen Arbeiten auf Leinwand und Papier zeichnen sich durch eine fein aufeinander abgestimmte Farbigkeit aus. Oftmals bevorzugt Hepperle Nuancen in Weiß, Grau, Gelb, Grün oder Blau. Setzt er hin und wieder doch einmal kräftige Farbtöne ein, so wird deren intensive Wirkung durch Lasuren von zarteren Tönen zurückgenommen. Die diffus ineinander fließenden und übereinander geschichteten Farben sind oftmals zu einem einheitlichen Farbgemenge verwoben. Akzente werden durch rechteckige oder runde Farbflächen gesetzt, die dem Auge des Betrachters Halt und Orientierung geben. Ebenso schaffen stark eingeritzte oder gezeichnete, dunkle Linien oder Linienformationen markante Setzungen. So verbindet der Künstler in eindrucksvoller Weise Malerisch-Flächenhaftes und Zeichnerisch-Lineares. Das Zusammenwirken von Flächenhaftem und Linearem tritt in besonderer Weise auch in den Werken zutage, in denen horizontal und vertikal gesetzte Linien einen skriptiven Charakter aufweisen, der sich manchmal sogar kalligraphischer Zeichensetzung annähert.

Trotz aller Abstraktion von der erlebten Landschaft wird jedoch die Natur nie ganz aus Hepperles Bildern eliminiert. Manche Formen ermöglichen Assoziationen zu Gesteinsformationen, vegetativen Formen oder figürlichen Darstellungen, zu Wegformationen oder Feldern in einer Landschaft. Auch kann es sein, dass man an Verwitterungsprozesse oder atmosphärische Phänomene in der Natur erinnert wird. Dennoch sind die Werke von Dan Hepperle nie eindeutig als konkrete Landschaftsdarstellungen zu sehen. Vielmehr setzt er sich immer mit der wahrgenommenen und erlebten Natur auseinander.

Der Betrachter sollte sich Zeit nehmen, um sich die Bilder von Dan Hepperle zu erschließen. Man kann mit der Betrachtung irgendwo in den Bildern einsteigen, vielleicht an einer markanten Stelle, und ehe man es richtig bemerkt, wandert der Blick über die Oberflächen, versenkt man sich in die vielen Schichtungen und Farbnuancen der Bilder, folgt man den feinen Details, lässt sich hineinziehen in die meditative Stimmung der Gemälde und wird ganz ruhig, bis - ja bis man wieder in die Realität zurückgeholt wird und die Ausstellung verlässt, jedoch nicht ohne etwas von der Stimmung der Bilder mitgenommen zu haben.

Liane Heinz M.A., Kunsthistorikerin