Brühler Kunstverein
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Sukyun Yang & Insook Ju - Ernst

Ausstellung vom 15. September bis 6. Oktober 2013

Das aus Korea stammende und heute in Düsseldorf lebende Künstlerpaar Insook Ju und Sukyun Yang zeigt Panoramaaufnahmen von Brühler Innenräumen.

Viele Einzelbilder werden in digitaler Montage zu einem Werk zusammengefasst. Durch diese Rundumschwenks um 360 Grad offenbaren sich die dem Betrachter eventuell schon bekannten Räume in einer überraschenden neuen und ungewohnten Ansicht.

Neben Profanbauten der Brühler Historie haben die Künstler auch einige Kirchen fotografiert:
"Eine Sicht auf Sakralräume, die Architektur vollständig wiedergibt und doch konsequent den Bedingungen der Wahrnehmung und des Kameraauges unterwirft. Ein gesteigertes, lebhaft bewegtes und expressiv kurvendes Raumerlebnis, bei dem kaum ein Stein auf dem anderen und die Kirche doch stehen bleibt!"
Zitat: Prof. Dr. Manfred Schneckenburger

Homepage der Künstler Sukyun Yang & Insook Ju

Ein Video von der Vernissage gibt es bei Youtube.



Sukyun Yang & Insook Ju
Griechisch-Orthodoxe Kirche Johannes der Täufer, Brühl 2013
© Sukyun Yang & Insook Ju ©VG Bild Kunst Bonn, 2013



 

Einführung zur Ausstellung von Dr. Carola Hagnau


Die Ausstellung mit dem Titel "Ernst" in den Räumlichkeiten des Brühler Kunstvereins zeigt Panoramafotografien, die Innenräume verschiedener Gebäude u.a. aus Brühl wiedergeben.
Das Paar Yang und Ju ist eng verwoben, sowohl auf künstlerischer Ebene, wie auch privat. Beide begannen ihre Ausbildung 1985 und 1987 in Seoul mit dem Studium der Malerei bzw. des Visual Designs, bis sie 1990/91 nach Deutschland wechselten zum Studium an der Kunstakademie Münster; dort waren beide Meisterschüler (1995/96). In den Jahren 2009/2010 erhielten sie eine Gast-Professur an der Kunsthochschule Kassel. Heute leben und arbeiten sie in Düsseldorf. Ihre Arbeiten haben sie auf zahlreichen internationalen Ausstellungen präsentiert, so in Deutschland, in den Niederlanden, in Israel, Österreich, China, den USA und in Korea.

Ihr künstlerisches Schaffen ist geprägt vom Interesse an Räumlichkeiten, an Innenräumen. Der Computer spielt in ihrem Werk eine große Rolle. So laden Sukyun Yang und Insook Ju mit ihrer Computerinstallation zu einem virtuellen Rundgang durch Brühl ein. Ihre digital bearbeiteten Konterfeis durchlaufen die Stadt auf der Suche nach interessanten Motiven, die als Panoramafotografien in der Ausstellung zu sehen sind.

Die Künstler suchen sich ihre Motive weltweit. Überhaupt ist ihr Spektrum ein globales, nicht nur in der Motivwahl, sondern auch in den Ausdrucksweisen, sei es in der Malerei, der Zeichnung, in Multimediaskulpturen wie Medienmöbeln, in Klang- und Computerinstallationen oder zuletzt in der digital bearbeiteten Fotografie. Und doch greifen sie für ihre spezifischen Ausstellungen oft Orte auf, die einen engen Bezug zu der Stadt herstellen, in der sie ihre Werke zeigen. Somit handelt es sich um sehr individuelle, auf die Umgebung abgestimmte Kunsterlebnisse. Neben bereits ausgestellten Werken mit Sakralbauten aus Köln, Aachen und Jerusalem finden sich in dieser Ausstellung geschichtsträchtige Brühler Sakral- und Profanbauten. In abgewandelter Form waren die Aufnahmen von St. Margareta und St. Maria von den Engeln bereits in der Ausstellung der Künstler "Unglaublich" bis Anfang Juli 2013 im Maternushaus in Köln zu sehen.

Ihre ersten Panoramafotografien machten Sukyun Yang und Insook Ju 2007 in der St. Antonius-Kirche in Düsseldorf. 2009 wiederholten sie dann gereifter in der Ausdrucksform ihr Wirken im Kölner Dom und in den romanischen Kirchen Kölns. Seit dieser Zeit bestimmt die Panoramafotografie das Werk der beiden. Es handelt sich dabei um eine Methode, bei der viele Einzelbilder in digitaler Montage zu einem Werk zusammengefasst werden. Durch Rundumschwenks der Kamera um 360 Grad, nach links und rechts, oben wie unten von einem festen Standpunkt aus erhalten die Künstler eine Vielzahl von Aufnahmen, die später am Computer zu einer Einheit zusammengeführt werden. Nehmen wir die Kircheninnenräume, so handelt es sich bei dem Standort der Kamera oft um das Vierungsquadrat oder den Chor. Angefertigt werden auf diese Weise ca. 200 Aufnahmen. Eine Ansicht wird jeweils mit neun verschiedenen Belichtungen aufgenommen. Nicht nur die Zusammensetzung der verschiedenen Aufnahmen, die Dehnungen, Verschiebungen und Verdichtungen erfolgen am Computerbildschirm, auch die Intensivierung oder Abschwächung der Farben wird dort vorgenommen. Dabei besitzt das natürliche Licht die höchste Priorität.

Oftmals variieren die Künstler einen Innenraum am Computer auf verschiedene Weise und erhalten so Bilder ganz unterschiedlicher Aussagekraft und Intensität. Es findet sich also nicht immer nur eine Kombination eines Innenraumes. Ein und dasselbe Objekt kann dem Betrachter in mehreren Varianten dargeboten werden, die immer wieder neue Sicht- und Raumerlebnisse schaffen. So entstehen durch die verschiedenen Kompositionen entweder in die breite gezogene Querformate, die den Raum mit einer einladenden Geste öffnen, mit einem Mittelteil und zwei Seitenstücken. Oder aber es bilden sich Hochformate heraus, wenn das Deckengewölbe einer Kirche zweimal verwendet und senkrecht und spiegelverkehrt gegeneinander gestellt wird. Hier erfolgt die Dreiteilung nicht in der Waagerechten, sondern in der Senkrechten, mit dem Boden als unteren Abschluss. Betrachtet man das Bild, entsteht eine Art Sogwirkung. Eine letzte Variante bietet ein beinah quadratisches Format mit einer kaleidoskopartigen Erscheinung durch die gerundeten, gebogenen Wände um einen kugelförmigen Boden.

So offenbaren sich in den Werken von Yang und Ju Räume, die dem Betrachter eventuell längst bekannt sind, in überraschend neuen und ungewohnten Ansichten. Das menschliche Auge wird in die Irre geführt. Der Betrachter versucht sich zu orientieren, ein Oben und Unten zu orten und kann doch die Komplexität des Dargestellten nicht ganz erfassen. Trotzdem wird der Blick auf ein Zentrum gelenkt, um das sich symmetrisch das Bild anordnet. Jeder Kirchenraum als architektonisches Gebilde, aber auch das profane Treppenhaus von Schloss Augustusburg birgt eine strenge Symmetrie in sich, die die koreanischen Künstler in eine eigene Symmetrie umwandeln. Die Ästhetik des Raumes kommt so in vollen Zügen zum Ausdruck. Es ergibt sich eine völlig neue Raumerfahrung, architektonische Grundsätze werden aufgehoben und einer neuen Ordnung unterworfen. Ein leerer Kirchenraum oder auch das Treppenhaus eines Schlosses wirken majestätisch, sie strahlen Stille und Erhabenheit aus, die hier in den Werken von Sukyun Yang und Insook Ju in Dynamik verwandelt werden. Monumentalität wandelt sich in Organik. So kann beispielsweise ein Kirchenraum Assoziationen zu Planeten, Ornamenten oder anderen organischen Formen hervorrufen. Ein Beispiel ist die griechisch-orthodoxe Kirche St. Johannis der Täufer. Einem weniger monumentalen Gebäude wird dagegen Monumentalität verliehen, wie dem Innenraum des Keramikmuseums oder des Museums für Alltagsgeschichte in Brühl.

Die Künstler wählen ausschließlich Innenräume, die sich dem Betrachter öffnen. Meist menschenleer sind die Räume, ohne Lebewesen und doch nie leblos, sondern eben dynamisch. Offen und einladend kann die Botschaft sein, wenn sich Mittelschiff und Seitenschiffe einer Kirche zu einem Ganzen öffnen, aber auch in sich geschlossen und wohl komponiert mit einem Mittelpunkt, wenn sich alles um das runde Zentrum dreht. Die Motivwahl der Künstler erfolgt unabhängig von der herausragenden Bedeutung eines Bauwerks, seines geschichtlichen Hintergrundes oder einer konfessionellen Bindung. So nehmen Sukyun Yang und Insook Ju 2010, in ihrem intensiven Reisejahr, u.a. den großen Buddhatempel in Gwangju auf, neben der Geburts- und Grabeskirche in Bethlehem und Jerusalem sowie verschiedene Moscheen und Synagogen in Israel.

Die Ausstellung unter dem Titel "Ernst" im Brühler Kunstverein zeigt nicht nur in der Motivwahl der Werke ihren engen Bezug zu Brühl. Darüber hinaus verweist der Titel auf den Brühler Maler Max Ernst, der in seiner Geburtsstadt nicht immer, aber doch selbstverständlich gegenwärtig ist. Sukyun Yang und Insook Ju greifen in ihren Fotografien das surrealistische Gedankengut Max Ernsts auf, indem sie Altbekanntes verfremden, dem Betrachter Brücken bauen und ihn doch in eine ganz andere Welt und Sichtweise führen. Die Bilder der beiden wirken wie Traumvisionen. Aus einer realen Begebenheit wird etwas Unwirkliches, als ob die Tiefen des Unterbewusstseins ausgelotet werden, sodass der durch die menschliche Logik begrenzte Erfahrungshorizont mit Hilfe des Absurden und Phantastischen erweitert wird. Heute ist diese Sichtweise sicher nicht mehr wie zu Zeiten Max Ernst, der zusammen mit André Breton gewissermaßen als Begründer des Surrealismus gilt, anarchistisch und revolutionär, aber doch immer wieder ergreifend und aktuell in unserer sehr sachlichen Welt. Bereits die Dada-Bewegung, die dem Surrealismus vorausging und als deren Kölner Vertreter Max Ernst gilt, entdeckte den Reiz der Fotografie als künstlerische Ausdrucksform. Der Fotograf Alfred Stieglitz stellte die Kunst der Fotografie als reine Abbildung in Frage.
Zitat: "Warum sollte man der menschlichen Hand, dem menschlichen Auge oder der fotografischen Platte und dem fotografischen Papier nicht ebenso viel Sensibilität und Ausdruck abgewinnen, wie derselben Hand und demselben Auge auf der Leinwand gelingen? Fotografie braucht nicht nur die Reproduktion einer realen Welt zu sein, sie kann und sollte vielmehr zur Erschaffung einer neuen Welt beitragen."
Genau das ist Sukyun Yang und Insook Ju in ihren Arbeiten gelungen.
Carola Hagnau, Brühl

Bilder der Ausstellung

Sukyun Yang und Insook Ju

Das Künstlerpaar Sukyun Yang und Insook Ju

Ausstellung Ernst von Sukyun Yang und Insook Ju



Ausstellung Ernst von Sukyun Yang und Insook Ju



Ausstellung Ernst von Sukyun Yang und Insook Ju

Ausstellung "Ernst" in der Alten Schlosserei

Bilder: G.M.Wagner

Bilder von der Eröffnung



BKV-Vorsitzende Gaby Zimmermann (r) eröffnet die Ausstellung



Dr. Carola Hagnau führt in die Ausstellung ein



Die Künstlerin Insook Ju (m) und das Publikum lauschen den Ausführungen von Dr. Hagnau



Der Künstler Sukyun Yang vor der Computerinstallation

Bilder: Kathrin Höhne